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marcosolo, 14. Oktober 2005 um 20:03:43 MESZ Nie unbeliebter - Der Irakkrieg, das Hurrikan-Debakel, steigende Preise und eine drohende Spionageaffäre im Weißen Haus haben den US-Präsidenten in ein Rekordtief gestürzt: Sechs von zehn Amerikanern sind gegen ihn. Von Peter Gruber, Washington Die Amerikaner sind mit ihrem Präsidenten immer unzufriedener. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit ist George W. Bush in der Gunst der Öffentlichkeit unter die 40 Prozent Marke gefallen. In einer am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Umfrage des Pew Research Center bringt er es nur noch auf 38 Prozent Zustimmung, beim TV-Sender CBS sind es sogar lediglich 37 Prozent. Im aktuellen Trend des Konkurrenzkanals NBC und des "Wall Street Journal" bringt es der Präsident auf 39 Prozent, ebenso in einer Erhebung der Nachrichtenagentur AP. Selbst der erzkonservative Nachrichtensender Fox kann Bush nicht mehr helfen. In der ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Fox-Umfrage unterstützen gerade mal 40 Prozent die Politik des Präsidenten. Auch bei der Ablehunung herrscht in den Umfragen traute Einigkeit: Sechs von zehn Befragten sind im Durchschnitt gegen Bush. Von Bin Laden keine Spur Gründe für den steilen Absturz ins schwarze Stimmungsloch - nach dem 11. September 2001 standen immerhin 90 Prozent hinter ihrem Präsidenten - gibt es mehr als genug. Immer mehr Amerikaner zweifeln an Bushs "Krieg gegen den Terrorismus". Von Osama bin Laden fehlt nach wie vor jede Spur. Auch nach den schweren Erdbeben in Pakistan, Indien und Afghanistan besitzt die US-Regierung nach eigenen Angaben keinerlei Hinweise darauf, ob der Terroranführer verletzt oder getötet wurde. Im Irak droht der Supermacht ein zweites Vietnam: Fast 2000 gefallene US-Soldaten, Tausende Verletzte und kein Ende der Gewalt in Sicht. Da hilft es dem Präsidenten auch nicht mehr, wie erst am Donnerstag wieder in einer wohl choreographierten Videokonferenz mit US-Truppen vor Ort, stur die Kriegstrommel zu rühren: "Solange ich Präsident bin, werden wir uns niemals zurückziehen, niemals nachgeben und nichts anderes als einen totalen Sieg akzeptieren!" Die Zahlen sprechen gegen ihn: Zwei Drittel der Bevölkerung fordern zumindest einen Teilabzug der US-Soldaten aus dem Irak. Leichen in den Straßen Seit Jahrhundert-Hurrikan Katrina im September die US-Golfküste verwüstete und New Orleans unter Wasser setzte, wachsen zudem Zweifel, ob die Bush-Regierung vier Jahre nach dem 11. September 2001 überhaupt mit einem Desaster im eigenen Land fertig werden kann - egal von der Natur oder von Terroristen ausgelöst. Viel zu spät und viel zu langsam rollte die Hilfe an, viel zu lange trieben die Leichen der Opfer durch die überfluteten Straßen der Stadt. Wie wird Bush bei der nächsten Katastrophe reagieren? Jüngste Studien stellen dem Präsidenten kein gutes Zeugnis aus: Die meisten US-Städte sind nach wie vor nicht für einen massiven Terroranschlag gerüstet, besitzen weder Pläne noch Ressourcen für Evakuierungen. Auch im Gesundheitswesen hat sich seit den Anthrax-Attentaten vom Herbst 2001 nicht viel getan. In Krankenhäusern fehlen nach wie vor die Kapazitäten, um etwa Bioterrorismus oder die befürchtete weltweite Vogelgrippe-Epidemie effektiv zu bekämpfen. Wunsch nach besserer Politik Gleichzeitig wird die Nation immer stärker zur Kasse gebeten: Benzin kostet über drei Dollar pro Gallone (3,78 Liter). Im kommenden Winter drohen Rekordpreise für Öl und Erdgas. Das Staatsdefizit wächst und einige Ökonomen befürchten für 2006 bereits die nächste Rezession. Kein Wunder, wenn so viele bei diesen Aussichten ihren Optimismus verlieren. Nicht einmal mehr ein Drittel (28 Prozent) der vom NBC Befragten glaubt, dass Amerika auf dem richtigen Weg ist. Fast die Hälfte (41 Prozent) ist davon überzeugt, dass Bush als erfolgloser Präsident in die Geschichte eingehen wird. Sieben von zehn wünschen sich, dass sein Nachfolger im Weißen Haus eine andere, bessere Politik betreibt. Rebellion der Radikal-Christen Fast genau ein Jahr ist es her, seit Bush mit klarer Mehrheit vor seinem Herausforderer John Kerry als US-Präsident wieder gewählt wurde. Damals berief sich Bush stolz auf sein gewonnenes "politisches Kapital", das er in seiner weiten Amtszeit ausspielen werde. Davon ist jetzt nichts mehr übrig. Inzwischen revoltiert selbst die eigene christlich-fundamentalistische Republikanerbasis offen gegen den Präsidenten, seit dieser seine enge Vertraute Harriet Miers als neue Richterin für den Obersten US-Gerichtshof nominierte. Bushs Anhänger hatten fest damit gerechnet, dass der Präsident eine ebenso versierte konservative Juristin wie erklärte Gegnerin von Abtreibung und Homo-Ehe für das höchste Gericht in den USA benennen werde. Miers gilt zwar als streng bibeltreu, ist in Verfassungsfragen aber ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Der Grund warum Bush sie in den Supreme Court befördern will, ist offenbar in erster Linie ihre absolute Loyalität. Immerhin nennt sie den Präsidenten bewundernd "den brillantesten Mann, den ich je kennen gelernt habe". Ermittlungen gegen Bush-Freunde Miers ist bei weitem nicht Bushs einziges Problem. Ein weiterer Günstling des Präsidenten, sein engster Berater Karl Rove, ist ins Fadenkreuz einer Spionageaffäre gerückt. Rove soll den Namen einer verdeckt arbeitenden CIA-Agentin an die Presse verraten haben; angeblich aus Rache, weil deren Ehemann die Irakkriegspläne der Bush-Regierung öffentlich kritisierte. Am heutigen Freitag (Ortszeit) muss Rove bereits zum vierten Mal vor einem Untersuchungsgericht aussagen. Beobachter spekulieren bereits offen, dass er wegen Verrats angeklagt werden könnte. Ermittlungen laufen auch noch gegen einen weiteren Bush-Freund, den Abgeordneten Tom De Lay. Der Republikaner aus Texas (Spitzname "Der Hammer"), der als Stimmenbeschaffer des Präsidenten im US-Repräsentantenhaus gilt, soll Geldspenden an die Partei gewaschen und in die Wahlkampfkassen bestimmter Kandidaten geleitet haben. Auch der Republikanerführer im US-Senat, Bill Frist, steht wegen eines Aktien-Insidergeschäfts unter Verdacht. Am Ende doch noch Held und Visionär? Schlechte Zeiten für Bush und seine Parteifreunde. Ob die Demokratenseite das Stimmungstief für sich nutzen kann, ist allerdings noch nicht abzusehen. Die nächsten Kongresswahlen finden im November 2006 statt und der neue Präsident wird erst 2008 gewählt. Bis dann, so heißt es aus Republikanerkreisen, könne sich noch viel ändern. Wenn Bush bis dahin die Lage im Irak in den Griff bekomme, dann werde er als Held und Visionär aus dem Amt scheiden. |
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