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ARBEITSKRAFTMANGEL IN NEW ORLEANS


Selbst die Tellerwäscher fehlen

Aus New Orleans berichtet Marc Pitzke

Die Wirtschaft in New Orleans kommt drei Monate nach "Katrina" nicht in Gang. Die wenigen Betriebe, Restaurants und Hotels, die wieder eröffnet haben, finden keine Arbeitskräfte, denn 75 Prozent der Stadt bleiben unbewohnbar. Da muss auch der Chef mal zum Geschirrhandtuch greifen.

New Orleans - Marc Garcia ist zum Feilschen gezwungen. 8,50 Dollar pro Stunde bietet der Clubmanager der jungen Frau, damit sie den Job als Mädchen für alles macht ("Silber polieren, Staubwischen, Toiletten saubermachen"). Sie aber fordert mindestens neun. "Wir müssen erst kriechen, bevor wir wieder laufen lernen", stöhnt Garcia - und willigt dann doch resigniert ein. Ein Handschlag besiegelt das Geschäft.

Dies sind harte Zeiten in New Orleans - auch für Arbeitgeber. Garcia, ein graumelierter Exilkubaner, ist der Manager des Plimsoll Clubs, eines Veranstaltungsrestaurants im 30. Stock eines Hochhauses mit Panoramablick über das French Quarter und den Mississippi. Den Plimsoll Club kann man zum Beispiel für Hochzeiten mieten, zu den Spezialitäten des Hauses zählen Louisiana Shrimps und Bourbon Pie. Das plüschige Interieur überstand den Hurrikan "Katrina" gut, abgesehen von ein paar geborstenen Fensterscheiben. Seit Mitte November hat der Club wieder geöffnet.

Doch damit begannen Garcias Probleme erst.

Denn ihm mangelt es nicht nur an Gästen, sondern vor allem an Personal, um seine fünf Bankettsäle und die Küche zu bewirtschaften. 85 Leute braucht er, zwölf hat er. "Ich verspüre eine ganz neue Art der Verzweiflung", sagt Garcia. Aus Not packt er selbst mit an, serviert und spült Geschirr, denn nicht mal einen Tellerwäscher hat er auftreiben können.

Chaos, Inkompetenz, Habgier

So geht es vielen in New Orleans. Drei Monate nach "Katrina" kämpfen Bewohner und Unternehmer der Metropole noch immer um ihre Existenz. Eine halbe Million Menschen wohnten und arbeiteten hier vor dem Hurrikan. Jetzt sind es tagsüber gerade die Hälfte, und auch von denen fliehen die meisten nach Feierabend in die Diaspora, nach Baton Rouge oder Lafayette. Nachts bleiben nicht mal 60.000 Leute in dieser Trümmerlandschaft zurück - kaum genug, um den wirtschaftlichen Puls der Stadt wieder in Gang zu bekommen.

Rund 115.000 Kleinbetriebe und Restaurants bildeten einst das Rückgrat dieses Touristenmekkas. Nach jüngster Zählung der Stadtverwaltung haben seit "Katrina" bisher erst 1183 Unternehmen und 630 Restaurants wiedereröffnet. Doch da 75 Prozent der Wohnhäuser unbewohnbar sind, gibt es kaum Unterkünfte für die Menschen. Die Billiglohnkräfte im Dienstleistungssektor - vorher die wichtigste Branche in der Stadt - wurden obdachlos.

"Meine Leute sind bis nach Alaska hin verstreut", sagt Restaurantmanager Garcia. "Die kommen doch nicht wieder." Daran trägt "Katrina" nur noch die geringste Schuld. Bürokratenchaos, Misswirtschaft, Inkompetenz, Habgier, Gleichgültigkeit: Die Liste der Gründe, weshalb New Orleans nicht am Sturm zu sterben droht, sondern am Versagen der Verantwortlichen seither, ist lang - auf nationaler wie kommunaler Ebene.

Dreifache Zahl an offenen Stellen

Nach den ersten 62,3 Milliarden Dollar Übergangsfinanzierung für die Region hat der Kongress den Geldhahn erst mal zugedreht. Die staatliche Flutversicherung ist ebenfalls Pleite und hat alle Zahlungen eingestellt, an Privatleute wie an ruinierte Kleinbetriebe. Die Öffentlichkeit im Rest der USA ist wieder zur Tagesordnung übergegangen. "Man hat uns vergessen", klagte die Lokalzeitung "Times-Picayune".

Teil zwei: "Man muss ja Flagge zeigen", findet Barbara Muscutt, die auf ihrem Klappstühlchen am Jackson Square hockt und Anti-Bush-Slogans und Ölgemälde verkauft


 
  
 
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