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Guantánamo-Häftlinge sollten Schweizer Islamisten belasten


by blick.ch

VON BEAT KRAUSHAAR UND HENRY HABEGGER

BERN – Der US-Knast Guantánamo auf Kuba. Hier werden Gefangene systematisch misshandelt und Geständnisse durch Folter erpresst. Jetzt kommt aus: Auch die Schweiz bestellte Folter-Aussagen aus dem Horror-Lager.

Der Folter-Skandal findet sich versteckt auf Seite 111. Veröffentlicht im soeben erschienen Jahresbericht der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte.

Dort steht: Die Schweizer Bundesanwaltschaft schickte Fotos in den Folter-Knast Guantánamo. BLICK weiss: Es waren Hunderte von Fotos und zum Teil Namen von Islamisten, die in der Schweiz im Knast sind.

«Mit diesem Vorgehen sollte herausgefunden werden, ob die in der Schweiz angeschuldigten Personen den Inhaftierten bekannt waren. Oder ob diese Personen (...) in der Nähe oder in den Trainingslagern in Afghanistan gesehen wurden», steht im Bericht.

Damit ist offiziell bestätigt, was gerüchteweise immer wieder auftauchte: Die Schweiz ermittelte im berüchtigten Gefangenen- und Folter-Knast Guantánamo. Aber sie delegierte die Drecksarbeit an das FBI – um sich die Hände nicht schmutzig zu machen.

Bekannt war bisher: Im Fall der Terrorfinanzierung durch die in der Schweiz angesiedelte Al-Taqwa-Bank wurde dieses Verfahren schon einmal angewandt. Doch jetzt ist klar: Es war wohl kein Einzelfall.

Oder woher weiss die Bundesanwaltschaft sonst, dass Schweizer Islamisten in afghanischen Trainingscamps waren?

So hat Bern etwa Informationen über einen Angeschuldigten im soeben zu Ende gegangenen ersten Al-Kaida-Prozess der Schweiz. Er soll eine Terrorausbildung bei Osama Bin Laden absolviert haben.

Und nach einer Verhaftungsaktion in Basel und Zürich letztes Jahr wusste die Bundesanwaltschaft: Der Hauptverdächtige hat zwei Ex-Afghanistan-Kämpfer in die Schweiz geholt.

Der Gesamtbundesrat deckt das Vorgehen der Bundesanwaltschaft.

SVP-Nationalrat J. Alexander Baumann wollte wissen, ob die Bundesanwaltschaft rechtsstaatlich vorgegangen ist. Die Antwort: Ja, andere europäische Staaten hätten Untersuchungsrichter und Polizisten nach Guantánamo geschickt. Die Schweiz habe darauf verzichtet, beschied ihm die Regierung. Baumann: «Ich bin mit der Antwort nicht zufrieden. Ich verlange eine Diskussion im Parlament.»

Es ist ja auch seltsam. Denn offiziell verurteilt der Bundesrat den Folter-Knast.

Seit es das Lager gibt, fordert die Schweiz die Amerikaner auf, die Genfer Konvention einzuhalten. Aussenministerin Micheline Calmy-Rey mahnte das schon bei ihrer Amtskollegin Condoleezza Rice an: «Wir haben unseren Standpunkt hinsichtlich des humanitären Völkerrechts in Guantánamo deutlich gemacht», sagte sie nach einem Besuch in Washington.

Aussagen aus Guantánamo bestellen, aber den Folter-Knast verurteilen. Diese Doppelmoral stösst Amnesty International Schweiz sauer auf. Sprecher Juerg Keller: «Dass die Schweiz Informationen aus Guantánamo verwerten will, ist unhaltbar. Jeder weiss, dass dieses Material aus einem rechtlosen Raum stammt, wo Informationen durch massive Folter erpresst werden.»


 
  
 
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