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marcosolo, 13. März 2007 um 19:48:23 MEZ Die Zeit nagt an der Ära Bush tagi online - Martin Kilian, Washington Präsident Bushs Lateinamerika-Reise wurde begleitet von Protesten und überschattet von Skandalen zu Hause: Vom herannahenden Ende einer Dienstfahrt. Die Reise, eine Rundfahrt durch Terra Incognita, geriet zu einem Langweiler, indes zu Hause erneut politischer Krawall der lauten Sorte tobte. Mit leeren Händen war George W. Bush vorige Woche nach Lateinamerika aufgebrochen und besuchte auch heute noch einen Kontinent, dem man in Washington über Jahren entweder mit massiver Vernachlässigung oder grober Einmischung begegnete. Doch während der Präsident gestern in Guatemala «soziale Gerechtigkeit» verlangte, was er angesichts grassierender sozialer Ungleichheit ebenso zu Hause fordern könnte,¬ und danach in Mexiko versuchte, die wegen der Einwanderungsproblematik und des Scheiterns einer Gastarbeiterregelung ramponierten Beziehungen zum südlichen Nachbarn zu reparieren, hagelte es in Washington Skandale. Der Zahn der Zeit nagt an der Ära Bush, im Wochentakt ist in der amerikanischen Hauptstadt inzwischen der Zerfall von Bushs Präsidentschaft zu besichtigen, heraufziehendes Finale einer Veranstaltung, die mit der Gaga-Wahl 2000 eher zufällig begann und bisweilen einem Triumphzug unter Führung eines hochverehrten Kriegsherren glich, ehe sie zu einer allseits begähnten Vorstellung absackte, deren Ende inzwischen fast universal herbeigesehnt wird. Auch im Süden keine Ruhe Was Wunder also, dass der Protagonist der miesen Show auf Reisen ging, um in der Fremde zu erlangen, was ihm zu Hause zunehmend verwehrt bleibt: Bedeutung nämlich und auch ein Mass an Ruhe. Wie bei anderen Regionen aber fand die Regierung Bush auch gegenüber Lateinamerika nie die angemessene Kalibrierung: Nach 9/11 vernachlässigte sie den Kontinent auf sträfliche Weise und verpulverte Geld und Energie in Mesopotamien. Noch schlimmer: Unter dem stramm rechten Regime von Otto Reich und Roger Noriega, als Staatssekretäre im Washingtoner Aussenamt hintereinander für Lateinamerika zuständig, verkam die Bush-Politik südlich des Rio Grande zu imperialer Einmischung und gelegentlichen Wutausbrüchen, in deren Verlauf sich amerikanische Botschafter auf Weisung von Reich und Noriega dreist in die inneren Angelegenheiten von Nicaragua oder Bolivien, El Salvador oder Venezuela einmischten und dabei öffentlich trompeteten, welcher Kandidat bei jeweiligen Wahlen der Washington Genehmste sei. Im Vorjahr räumte Aussenministerin Rice damit auf und ernannte endlich einen kundigen Diplomaten zum Chef der Lateinamerika-Abteilung, der Schaden freilich war bereits getan. Auch in Mexiko, wo Bushs konservativer Lieblingskandidat Felipe Calderón 2006 die Präsidentschaftswahl gewann, liess die Stimmung gestern zu wünschen übrig: Verärgert reagiert der Nachbar auf die verschluderte Reform der maroden amerikanischen Einwanderungsgesetze, laut beklagen sich mexikanische Politiker jeglicher Couleur über den Bau eines Zauns entlang des Rio Grande. Noch nie so unbeliebt Nie war laut Umfragen die Unbeliebtheit eines amerikanischen Präsidenten in Mexiko höher, womit die Mexikaner im Gleichschritt mit den Gringos marschieren. Denn während Bush Ruinen und Regenwald bereiste, bestaunten die Amerikaner inmitten einer neuerlichen Welle von Skandalen das Zerbröseln der Bush-Präsidentschaft. Erst kam heraus, wie schäbig schwerstverwundete Soldaten im Walter-Reed-Armeekrankenhaus behandelt wurden, worauf der Heeresminister samt zwei Generälen gefeuert wurde. Und kaum hatte das FBI verschämt eingestanden, zehntausende Amerikaner widerrechtlich bespitzelt zu haben, wurde publik, dass Justizminister Alberto Gonzalez, ein alter Spezi des Präsidenten, auf Betreiben des Weissen Hauses acht Bundesstaatsanwälte einfach so gefeuert hatte, weil sie in ihren Bezirken nicht scharf genug gegen Demokraten ermittelt oder sich nicht entschieden genug für republikanische Anliegen eingesetzt hatten ¬- ein Vorgang, der Gonzales zusammen mit den FBI-Bespitzelungen das Amt kosten könnte. Über allem hing ein Hauch der Endzeitlichkeit, untermalt vom spürbaren Sehnen des amerikanischen Populus nach dem Januar 2009, wenn die Bush-Präsidentschaft im Dunkel der Geschichte versinkt. In eben diesem Dunkel hielt sich der Präsident gestern auf, als er die Maya-Ruinen von Iximche in Guatemala besuchte. Kaum war der prominente Gringo entschwunden, befreiten Maya-Schamanen die Ruinen von «bösen Geistern», die der Präsident wohl heraufbeschworen hatte. Damit waren auf der Lateinamerika-Reise neben den bekannten politischen nun auch spirituelle Defekte aufgetreten, deren Behebung exakt vorgeschriebene Rituale erforderte. |
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