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Geheimer Bericht des Rechnungshofs gibt Bush schlechte Noten


Von Alexander Schwabe - spiegel.de

Erneuter Dämpfer für Präsident Bush: Wenige Tage vor dem erwarteten Bericht von Oberbefehlshaber Petraeus über die Lage im Irak stellt der amerikanische Rechnungshof der US-Regierung ein miserables Zeugnis aus.

Hamburg - Hinter den Kulissen ist man nervös. Verschiedene Gruppen sind eifrig dabei, die Deutungshoheit über die Politik des Präsidenten im Irak zu erlangen. Denn in wenigen Wochen müssen die Weichen für die künftige Strategie möglicherweise neu gestellt werden. Oberbefehlshaber David Petraeus und der US-Botschafter in Bagdad, Ryan Crocker, werden in der zweiten September-Woche einen Bericht über die Lage und die Erfordernisse im Zweistromland vorlegen. Die Bush-Regierung setzt darauf, dass der höchste General im Irak so zu lesen sein wird, dass sie behaupten kann, die Sicherheitslage in dem von Terror geplagten Land habe sich deutlich verbessert.

US-Soldat im Irak: Weniger Angriffe auf US-Einheiten Da kommt es gar nicht gelegen, dass der amerikanische Rechnungshof eine Studie erstellt hat, die der Bush-Regierung kein gutes Zeugnis ausstellt. Die Kontrollbehörde kommt zu dem Schluss, dass ungeachtet der US-Truppenerhöhung Anfang des Jahres - 28.000 Mann zusätzlich - die Zahl der Gewalttaten weiterhin extrem hoch sei.

Das jetzt bekannt gewordene Papier sollte eigentlich nächsten Dienstag veröffentlicht werden. Doch nun wurde es von einem Regierungsbeamten der "Washington Post" zugespielt, weil er um die Echtheit des Berichts fürchtete. Denn das 69-Seiten-Werk muss noch vom Verteidigungsministerium abgenickt werden. Dabei könnte das Pentagon die Wirkung des Inhalts entschärfen, indem es etwa Teile als geheim einstuft oder Änderungen in den Schlussfolgerungen verlangt. So aber muss die Öffentlichkeit nicht mit einer möglicherweise verwässerten Version vorlieb nehmen.

Das Ergebnis ist niederschmetternd: 18 Ziele hatten sich die Amerikaner Anfang des Jahres gesteckt, die im Irak erreicht werden sollten. Es ging um den Ausbau und die Modernisierung der irakischen Armee, es ging um die Entwaffnung von Milizen, um die Verteilung der Einkünfte aus dem Ölgeschäft, um die Schaffung einer politischen Infrastruktur auf lokaler und regionaler Ebene, um die Integration ehemaliger Baath-Mitglieder. Doch nur drei, maximal fünf der 18 Aufgabenfelder wurden nach Einschätzung des Rechnungshofes einigermaßen gelöst.

Schon Anfang des Jahres war der Rechnungshof mit Bushs Irak-Strategie scharf ins Gericht gegangen. Die Nachkriegsordnung sei völlig misslungen, es stünden Kosten von "Hunderten Milliarden Dollar" an, rügte die Behörde damals.

Propaganda-Vorwurf ans Weiße Haus

Sollte der Petraeus-Report der Bush-Regierung ein auch nur annähernd so schlechtes Zeugnis ausstellen, muss der Präsident seine Irak-Politik rigoros ändern und deren Finanzierung neu erstellen. Denn der Kongress forderte, dass auf jedem einzelnen der 18 Gebiete Fortschritte erzielt werden müssen.

Ausdrücklich geht der Rechnungshofbericht auf eine Bewertung ein, die das Weiße Haus vergangenen Monat vorlegte. Besonders auf die Frage, ob die US-geführte Sicherheitsoffensive vor allem in Bagdad die erhoffte Wirkung zeitigt. Nüchterne Feststellung: "Der Sicherheitsplan für Bagdad sollte die Gewalt in diesem Sektor verringern. US-Stellen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, ob diese Gewalt wirklich reduziert werden konnte." Der Rechnungshof wirft Bush indirekt vor, Propaganda zu treiben: Zu undifferenziert sei seine Wahrnehmung, zu einseitig seine Bewertung. Er schreibt der Regierung ins Stammbuch: "Es wäre mehr als nützlich", wenn deren Beurteilung der Lage künftig auf besseren Daten und einer breiteren Basis an Erkenntnissen relevanter Stellen beruhen würde.

Die zentrale Kritik an Bushs Strategie: Es gebe zwar weniger Angriffe auf US-Einheiten, doch irakische Zivilisten würden nach wie vor in gleicher Anzahl attackiert. Es sei nicht gelungen, das Leistungsvermögen der irakischen Sicherheitskräfte zu erhöhen. Auch seien wichtige Gesetzesvorhaben nicht beschlossen worden. Das Ausmaß der Gewalt sei nach wie vor hoch. Unklar sei auch, was die irakische Regierung mit einem Wiederaufbau-Fonds in Höhe von zehn Milliarden Dollar mache.

Bush ist bereits dabei, Petraeus zu vereinnahmen

Als Reaktion auf die Veröffentlichung der "Washington Post" versucht das Weiße Haus, den Bericht des Rechnungshofs zu torpedieren. Dieser sei vom Kongress in Auftrag gegeben worden, da sei es nicht verwunderlich, so Gordon Johndroe, Sprecher des Weißen Hauses, dass die Behörde zu einer Einschätzung komme, die den politischen Verhältnissen dort entspreche.

General Petraeus und Botschafter Crocker seien doch kompetenter, die Lage im Irak richtig zu beurteilen: "Sie sind jeden Tag vor Ort, und es ist wichtig zu erfahren, was sie zu sagen haben", wiegelt Johndroe ab. Ein verräterischer Satz. Denn auch für den Petraeus-Bericht gilt, was für den Rechnungshofreport gilt: Beide wurden vom Kongress in Auftrag gegeben. Johndroes Äußerung ist ein Hinweis darauf, dass das Weiße Haus längst dabei ist, den Petraeus-Bericht so zu interpretieren, dass er mit der Regierungslinie konform erscheinen wird (mehr...).

Die Bush-Regierung hatte bereits im Juli ein positives Bild der Lage im Irak gezeichnet: Demnach seien immerhin acht der 18 Hausaufgaben gemacht worden. Um das Schönreden zu konterkarieren, stimmte das von den Demokraten beherrschte Repräsentantenhaus gleich darauf für einen - nicht bindenden - raschen Rückzug aus dem Irak. Das Weiße Haus hat bisher alle Berichte dementiert, vorzeitig Truppen abzuziehen oder dies zu planen - immerhin Forderungen, die zuletzt auch aus den Reihen der Republikaner immer lauter wurden.


 
  
 
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