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Briefwechsel bringt Bush in Bedrängnis


by spiegel.de

Was wusste Bush? Der frühere amerikanische Statthalter im Irak, Paul Bremer, wirft dem US-Präsidenten vor, seine Rolle in einer entscheidenden strategischen Frage zu schönen: Über den Befehl, die irakische Armee im Jahr 2003 aufzulösen, sei Bush sehr wohl informiert gewesen.

Hamburg - Der Briefwechsel, den die "New York Times" heute vorlegte, birgt politischen Sprengstoff. Es geht um eine der wichtigsten - und umstrittensten - Entscheidungen für den Irak nach dem Ende des Saddam-Regimes: die Auflösung der irakischen Armee.

In einem heute erscheinenden Buch "Dead Certain. The Presidency of George Bush" von Robert Draper (mehr...) erweckt George W. Bush den Eindruck, von dem Befehl überrascht worden zu sein. Er wird mit den Worten zitiert: "Ja, erinnern kann ich mich nicht mehr genau. Aber ich bin mir sicher, ich habe gesagt: Unsere Strategie war anders, was ist passiert?"

Nun wehrt sich Ex-Irak-Statthalter Paul Bremer: Er habe die Regierung frühzeitig informiert. Um seine Behauptung zu untermauern, überließ er der "NYT" einen Briefwechsel zwischen Bush und ihm, mit dem er belegen will, dass der Präsident frühzeitig über die Entscheidung zur Auflösung der irakischen Armee informiert war.

Bremer schrieb am 20. Mai 2003 einen Brief an Bush (mehr...), in dem er noch schärfere Maßnahmen zur Auflösung der irakischen Armee ankündigte. Der Brief erreichte Bush über den damaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 22. Mai. Bush schrieb einen Tag später zurück (mehr...), bedankte sich für Bremers "leadership" und sicherte ihm seine volle Unterstützung zu. Bremer befahl noch am selben Tag, die Armee aufzulösen.

Die Kontroverse ist so brisant, weil dieser Erlass heute als eine der wichtigsten Fehlentscheidungen bei der Nachkriegs-Planung für den Irak gilt. Bremer ist offensichtlich nicht glücklich damit, nun als Alleinschuldiger für den Fehler verantwortlich gemacht zu werden. Allerdings geht aus dem Briefwechsel nicht klar hervor, ob Bush wirklich den Befehl gelesen und explizit befürwortet hat - denn Bremer bezieht sich darauf nur kurz in dem drei Seiten langen Brief.

Der ehemalige Irak-Statthalter hebt aber nun hervor, die Entscheidung in den Monaten vorher mehrmals mit hochrangigen Regierungsvertretern diskutiert zu haben, unter anderem mit Rumsfeld. Bremer sagt auch, schon am 9. Mai 2003 ein ausführliches Memo über die geplante Maßnahme an hochrangige Militärs und das Verteidigungsministerium gesandt zu haben. Nach seiner Schilderung sei die Entscheidung in diesen Gesprächen niemals umstritten gewesen.

Freilich haben sich in den vergangenen Jahren mehrere Top-Militärs und ehemalige Regierungsvertreter beklagt, nicht frühzeitig über die Maßnahme informiert worden zu sein - dazu gehörte auch der damalige US-Außenminister Colin Powell, der der Irak-Invasion ohnehin skeptisch gegenüberstand.

Das Weiße Haus will sich zu der Diskussion offiziell nicht äußern. Ohne Namensnennung ließ sich jedoch ein Regierungsmitarbeiter zitieren. Zwar sei es die ursprüngliche Strategie gewesen, die irakische Armee nicht aufzulösen. Zum Zeitpunkt des Briefwechsels mit Bremer habe Präsident Bush jedoch bereits gewusst, dass sich dies nicht mehr durchsetzen ließ - ihm sei daher die geplante Abschaffung bewusst gewesen.

Die neuerlichen Vorwürfe treffen Bush in einer schwierigen Phase: Erst am Wochenende hatten britische Generäle die Irak-Strategie der Amerikaner heftig kritisiert (mehr...). Sie warfen dem Verbündeten Fehlplanung und Missachtung von Kritik vor. Zugleich verdichten sich in London die Hinweise, dass die britische Armee sich aus dem Südirak zurückzieht.

Um die Moral seiner Truppe zu heben, war Bush am Montag überraschend in den Irak geflogen (mehr...) und hatte mit der irakischen Regierung einen Kriegsrat gehalten. Dabei versprach er, dass die Amerikaner im Land bleiben würden, deutete aber die Möglichkeit einer Truppenreduzierung an.

Der innenpolitische Druck lastet schwer auf dem Präsidenten. Der Oberbefehlshaber des US-Truppen im Irak, General David Petraeus, wird kommende Woche auf Anordnung des Kongresses einen Bericht über die Lage im Land vorlegen. Davon machen die Parlamentarier abhängig, inwieweit sie Bushs Irak-Politik noch unterstützen wollen.

gps


 
  
 
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