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Analyse - SVP: Der amerikanische Alptraum

Die SVP setzt auf die Rezepte der US-Republikaner. Das brachte ihr lange Erfolg. Wird es ihr jetzt zum Verhängnis?

Schlatter Philipp Löpfe

Ausgelöst sind die aktuellen Wirren innerhalb der SVP selbstverständlich durch die Abwahl von Christoph Blocher und die vermeintliche «Verräterin» Eveline Widmer-Schlumpf. Die Schwierigkeiten der SVP haben aber auch tiefer liegende Gründe: Ihre Rezepte stimmen nicht mehr mit der Wirklichkeit überein. Diese Rezepte stammen ohnehin zu einem guten Teil aus Übersee. Das fällt jedem an Politik interessierten Schweizer auf, der in den USA weilt. Die Sprüche der konservativen Populisten wie Rush Limbaugh oder Bill O'Reilly sind ihm bestens vertraut. Die linken Medien, die dekandenten 68er, die faulen Linken, Kuschelpädagogik, Gutmenschen etc., all dies hat man bis zum Überdruss von den SVP-Scharfmachern wie Christoph Mörgeli gehört. Das ist kein Zufall, die SVP hat den Aufstieg der konservativen Republikaner nicht nur sehr genau studiert, sie hat auch ihre Erfolgsrezepte teilweise eins zu eins abgekupfert. Der «Vertrag mit den Wählern» beispielsweise, ein zentrales Element der letzten SVP-Wahlkampagne, ist eine beinahe Original getreue Kopie des «Contract with America», mit der Newt Gingerich die konservative Wende in den Neunzigerjahre eingeleitet hat.

Mit den US-Republikanern verbindet die SVP nicht nur die Methoden, sondern auch die Inhalte. Beide vereinen ein neoliberales Wirtschaftsprogramm mit sozial-konservativen Werten und Fremdenfeindlichkeit. Lange war dies überaus erfolgreich. «Die Republikaner waren in der Lage, Präsidentschaftswahlen zu gewinnen und die Kontrolle im Kongress zu übernehmen, weil es ihnen gelang, via Rassenfrage die politische Dominanz im Süden zu erreichen», schreibt der Ökonom und Kolumnist der «New York Times», Paul Krugman, in seinem Buch «Nach Bush».

Die Formel «Fremdenphobie plus Neoliberalismus» scheint jedoch ihre Wirkung in den USA zu verlieren. «Rassismus und soziale Intoleranz sind im Niedergang begriffen», stellt Krugman fest. Das belegt nicht nur der aktuelle Sieg des demokratische Präsidentschaftskandidaten Barack Obama über Hillary Clinton. Auch die beiden derzeit beliebtesten Amerikaner, der Golfspieler Tiger Woods und die TV-Moderatorin Oprah Winfrey, sind schwarz. Die Rassenfrage wird derzeit von anderen Problemen in den Hintergrund geschoben. «Bedenken über die steigende Ungleichheit und die wirtschaftlichen Unsicherheit nehmen an Bedeutung zu», stellt Krugman fest.

Offensichtlich trifft dieser Befund auch auf die Schweiz zu. Das zeigt die deutliche Niederlage der Einbürgerungsinitiative, bei der die SVP einmal mehr auf die Karte Fremdenfeindlichkeit gesetzt hat. Die unerwartete Klatsche deutet darauf hin, dass mit der SVP genau das geschieht, was sie bisher ihren Gegnern bisher vorgeworfen hat: Sie verliert die Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler aus den Augen.

Besonders deutlich zeigt sich dies etwa in der Gesellschaftspolitik: Die SVP lehnt nach wie Mutterschaftsversicherung, Krippen, Tagesschulen und Horte vehement ab. Sie setzt damit implizit voraus, dass Frauen primär Mütter sind, zumindest solange ihre Kinder klein sind. Heute sind jedoch nicht mehr bloss emanzipierte Frauen berufstätig, sondern alle. Sei es, weil sie es so wollen, sei es, weil es finanziell anders gar nicht geht. Deshalb sind Tagesschulen und erschwingliche Krippenplätze für junge Eltern keine ideologische, sondern sehr pragmatische Fragen geworden. Ähnlich sieht es in der Verkehrspolitik aus: Die Opposition der SVP gegen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ihre Forderung nach mehr Strassen werden lächerlicher mit jedem Dollar, um den das Fass Rohöl teuerer wird.

Der SVP fällt es immer schwerer, Sündenböcke zu finden. Selbst einfache Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass die Klimaerwärmung kein Hirngespinst grüner Spinner ist, das sich mit einem Hinweis auf das Waldsterben erledigen liesse. Jeder kann selbst sehen, wie die Gletscher schmelzen, und jeder ahnt zumindest, dass sich dieses Problem nicht mit einer Steuersenkung beheben lässt. Überhaupt wird die Mehrzweckwaffe Steuersenkung immer mehr zum Rohrkrepierer. Erstens, weil von tiefen Steuern Menschen profitieren, die auch bei der SVP-Basis mässig beliebt sind, Marcel Ospel beispielsweise. Und zweitens haben die endlosen Steuerdiskussionen auch die Einsicht wachsen lassen, dass der Staat auf diese Einnahmen angewiesen ist, wenn er seinen Verpflichtungen nachkommen will. So haben die Tessiner am Wochenende eine Steuersenkungs-Initiative der Lega, einer Art SVP-Ultras, verworfen.

«Neoliberalismus plus Fremdenphobie» ist keine Einheitsformel konservativer Parteien, es sind sehr unterschiedliche Entwicklungen möglich. Die britischen Tories beispielsweise waren in der Thatcher/Reagan-Ära ebenfalls ideologische Zwillinge der Republikaner. Sie waren stur EU-feindlich und neoliberal. Das hat sie beinahe in die politische Bedeutungslosigkeit geführt. Jetzt werden die Konservativen im vereinigten Königreich wieder eine Ernst zu nehmende Macht. Voraussetzung dafür war ein Bruch mit dem Gedankengut der US-Republikaner. David Cameron, Parteichef und neuer Hoffnungsträger, hat dem Thatcherismus abgeschworen und setzt auf Ökologie und Gemeinschaftssinn.

Davon ist die SVP noch weit entfernt. Sie hat sich im Gegenteil radikalisiert und wird heute von Ideologen beherrscht, die alles rückgängig machen wollen, was an sozialem Fortschritt und gesellschaftlicher Emanzipation in den letzten Jahrzehnten erreicht worden ist. Deshalb der tiefe Hass auf die Alt-68er, auf die «Linken und Netten» und die «Cüpli-Sozialisten». Deshalb auch die ideologische Nähe zu den US-Republikanern. Diese befinden sich bereits in der Krise, die SVP ist auf dem besten Weg dorthin. Daran wird auch der Ausschluss von «Verräterinnen» und der Absprung von «Verrätern» nichts ändern. Im Gegenteil: Wenn es den Abtrünnigen gelingt, eine SVP nach dem Vorbild der englischen Tories zu gestalten, einer Partei, die bürgerlich-konservativ politisiert, aber auch das Gemeinwesen und die Umwelt nicht aus den Augen verliert, wird es für die SVP gefährlich. Eveline Widmer-Schlumpf hat offensichtlich das Potenzial, zu einer Galionsfigur einer solch «modernen» konservativen Partei der Schweiz zu werden. Gelingt dies, haben Christoph Blocher und seine Hardliner wirklich ein Problem.


 
  
 
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