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Finanzkrise - „Der amerikanische Staat ist schuld“


Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz 22. September 2008 In diesen turbulenten Tagen sind Experten wie Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sehr gefragt. Die Welt sehnt sich nach Erklärungen in Zeiten der Krise. Als wir Stiglitz in einem Hotel in San Francisco sprechen, eilt er minütlich ans Mobiltelefon, um andere Anfragen abzuwimmeln. Dann erklärt er uns, wo die wahren Schuldigen sitzen und warum Amerikas Kinder jetzt die Fehler von George W. Bush ausbaden müssen.

Herr Stiglitz, erleben wir gerade den Anfang vom Ende der Wall Street?

Es ist eher das Ende eines desaströsen Geschäftsmodells. Und das Ende der Ideologie, dass freie, deregulierte Märkte immer funktionieren. Sie funktionieren nur für einen Teil der Gesellschaft. Das Finanzsystem ist essentiell für das Funktionieren einer Wirtschaft. Nun erleben wir aber etwas ähnlich Umwälzendes wie die Große Depression in den 30er Jahren.

Damals wurde die Idee begraben, dass sich Märkte selbst regulieren. Und die Regierung entschied sich, stärker einzugreifen. Wall Street wird wieder auferstehen. Die Frage ist nur, in welcher Form: als ein nicht funktionierendes System oder als etwas, das uns eine dynamischere Ökonomie beschert.

Was bedeutet das alles für das System einer modernen, freien Marktwirtschaft?

Wir hatten nie wirklich einen freien Kapitalismus. Ob Universitäten, Internet oder Biotechnologie, es gab stets Finanzhilfen durch die amerikanische Regierung. Die völlig freie Marktwirtschaft ist ein Mythos. Auch die Landwirtschaft bekommt Subventionen, ebenso gewähren wir vielen Unternehmen Steuererleichterungen.

Jetzt sterben der amerikanischen Marktwirtschaft die Banken weg. Welche wird als nächstes fallen?

Es ist noch zu früh, das zu sagen. Das sind Details, in denen wir Ökonomen nicht wirklich gut sind. Wir identifizieren eher große Trends und schauen nicht in einzelne Bankbilanzen. Es gibt aber eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass es bald wieder eine Bank trifft. Denn viele Hausbesitzer sind weiter hoch verschuldet, und die Immobilienpreise fallen immer noch.

Wie beurteilen Sie die Krisenarbeit, etwa von Notenbank-Chef Bernanke?

Der größte Teil der Schuld geht zurück auf das Missmanagement an Wall Street. Als Bernanke ins Amt kam, war die ökonomische Lage schon schlimm. Aber er hat auch keine resoluten Maßnahmen ergriffen. Seit er im Amt ist, hat sich alles noch verschlechtert. Hinzu kommt: Wenn eine Versicherung wie AIG so groß und wichtig ist, wie alle sagen, und nicht untergehen darf, dann sollte Bernanke das auch frühzeitig bemerkt haben. Er trägt also die Schuld dafür, nichts unternommen zu haben, seit es vor einem Jahr zur Krise kam. Aber: Wenn ein Unternehmen wie AIG mit seinen Problemen das ganze Finanzsystem bedrohen kann, dann kann das System nicht gesund und sicher sein.

Wie bewerten Sie die Verstaatlichungswelle in Amerika?

Das ist alles sehr bedenklich, denn die Lasten muss der Steuerzahler tragen. Wir reden hier über eine Gesamtsumme von mehr als 900 Milliarden Dollar. Kürzlich konnte Präsident Georg Bush nicht einmal einige Milliarden Dollar lockermachen, als es um Gelder für kranke Kinder ging, die keine Krankenversicherung haben. Ich frage mich: Was ist das für eine Gesellschaft, in der wir zwar 85 Milliarden Dollar für AIG haben, aber nicht für kranke Kinder? Das macht mich wütend.

Ohnehin wirft die Rettung von AIG Fragen auf: Warum ließ der Staat die Investmentbank Lehman pleitegehen, AIG aber nicht? Eigentlich haben wir in Amerika Gesetze und Regeln, an denen wir uns orientieren. Aber inzwischen entscheiden nur noch wenige Akteure, wer übrigbleibt und wer nicht. Keiner weiß, warum Lehman nicht gerettet wurde. Es ist ein völlig intransparenter Vorgang und zeigt das schlechte Regieren.

Die Krise kostet schon jetzt Milliarden. Kann Amerika sich das leisten?

Die Kosten für die Verstaatlichungen liegen schon jetzt bei 900 Milliarden Dollar. Das sind aber noch keine echten Verluste, da wird noch einiges wieder reingeholt. Aber ich erwarte einen Schaden von mehr als zwei Billionen Dollar. Wir sind reich und können das finanzieren. Aber unser Lebensstandard wird sinken, keine Frage.

Wer trägt eigentlich die Schuld an der Finanzkrise?

Der amerikanische Präsident Bush hat gesagt: Wir haben zu viele Häuser gebaut. Das stimmt zwar, aber das ist keine wirklich gute Antwort, wenn es darum geht, was wirklich falsch gelaufen ist. Es gab auch unfassbar viel Gier, aber die gibt es immer.

Meiner Meinung nach lag es insgesamt an einem Mangel an Regulierung. Außerdem ist das Bonussystem der Banker zu kurzfristig angelegt. Es hat sie dazu ermuntert, viel zu große Risiken einzugehen. Dazu kommen die Steuersenkungen der vergangenen Jahre und die Kosten für den Krieg im Irak und in Afghanistan - das alles hat die Wirtschaft geschwächt und die Notenbank Fed ermuntert, eine Politik des billigen Geldes zu betreiben.

Notenbanken rund um den Globus pumpen Milliardensummen in die Finanzsysteme. Hilft das?

Damit wird versucht, ein Desaster zu verhindern, man repariert aber nicht die Ökonomie. Es richtet die Wirtschaft kaum auf. Es ist eher vergleichbar mit einer Notfallhilfe am Unfallort. Jedes Finanzsystem braucht Kredite. Der Kollaps des Finanzsystems bedeutet daher weniger Zugang zu Krediten. Und weniger Kredit schwächt letztlich die Wirtschaft. Es ist ein Teufelskreis, der da auf uns zukommt.

Was bedeutet das für die weltweite Ökonomie? Und für Länder wie Deutschland?

Geht es der amerikanischen Ökonomie schlecht, geht es der Weltwirtschaft auch schlecht. Wir sind in Amerika immer noch der größte Spieler der Weltwirtschaft. Das ist auch ein Teil des Teufelskreises: Ist Amerika schwach, leidet auch Deutschland, etwa beim Export.

Und die langfristigen Effekte?

Insgesamt wird die Bedeutung der asiatischen Wirtschaft weiter zunehmen. Amerika hat seine Ökonomie nicht gut gemanagt, Asien wächst hingegen rasant. Es gibt einen Wandel, eine Verlagerung der Wirtschaftsmacht. Amerika ist zwar noch eine starke Macht, die nicht über Nacht verdrängt werden kann, aber es gibt bereits ein Signal hin zu einer Weltwirtschaft mit mehreren starken Ländern.

Wie lassen sich solche Krisen verhindern? Die amerikanische Regierung präsentiert einen Rettungsplan und übernimmt faule Kredite. . .

. . . das sind nur kurzfristige Lösungen. Man legt die riskanten Anlagen in die Hände der Steuerzahler. Denn sonst will sie ja niemand. Es ist so, als ob man eine neue Firma aufmacht - mit dem Namen „Steuerzahler“ und gibt ihr diese Anlagen. Vielen Dank! Kein privater Investor will diese Anlagen haben, aber dem Steuerzahler drückt man sie auf. Das ist ungeheuerlich.

Hat Amerikas Finanzsystem seine Glaubwürdigkeit verloren?

Ja, ich denke schon. Ende der 90er Jahre hatten wir die Asien-Krise. Das amerikanische Finanzministerium prahlte damals und sagte den Koreanern: Lasst amerikanische Banken einfach eure Banken kaufen, denn wir wissen, wie man Risiken managt. Wenn man dies heute den Koreanern sagen würde, dann würden sie die Amerikaner nur noch auslachen.

Das Gespräch führte Tim Höfinghoff.

Text: F.A.S.


 
  
 
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