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EINREISE VERWEIGERT USA - legen französische Journalisten in Handschellen


Los Angeles - Amerikanische Behörden haben sechs französischen Journalisten am Flughafen von Los Angeles die Einreise in die USA verweigert. Sie wurden festgehalten, befragt und in Handschellen gelegt, wie dies entsprechend den Vorschriften üblich sei, sagte ein Sprecher des Zolls, Francisco Arcaute. Die Journalisten hätten keine Pressevisa gehabt, wie dies schon seit einigen Jahren notwendig sei. Die Journalisten wollten Anfang Mai eine Videospielmesse in Los Angeles besuchen. Die Medienorganisation Reporter ohne Grenze forderte eine Untersuchung zu dem Vorfall. Die Journalisten seien wie Kriminelle behandelt worden, hieß es in einem Brief der in Paris ansässigen Organisation an den US-Botschafter in Paris, Howard Leach.


 

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DAS UNTERSCHÄTZTE CHAOS - Bushs Nachkriegskonzept zerfällt


Plünderungen, Gesetzlosigkeit und Gewalt - die Besatzungsmächte sind noch immer nicht in der Lage, das Chaos im Irak einzudämmen. In den USA wächst daher die Kritik an der Bush-Regierung. Ihr wird vorgeworfen, das Nachkriegsproblem total falsch eingeschätzt zu haben.

Geplünderter Palast von Saddam Hussein: Ein Iraker spielt auf dem beschädigten Flügel

Hamburg - Fehlkalkulation, Fehleinschätzung, Fehlverhalten - die Vorwürfe gegen die US-Regierung werden immer härter. Voller Ungeduld macht sich die "New York Times" zum Sprachrohr des irakischen Volkes: Die Bush-Regierung habe versprochen, dass es den Irakern nach dem Sturz Saddam Husseins "umgehend" besser gehen werde, und nun - fünf Wochen nach dem Fall Bagdads - kämpfe die Administration immer noch damit, dieses Ziel zu erreichen. Sie sei damit gescheitert, in den Straßen für Recht und Ordnung zu sorgen, und auch der Versuch, die Strom-, Wasser-, und Abwasserversorgung herzustellen, sei bisher nur bedingt erfolgreich.

Doch nicht nur die Meinungsbildner in den Medien gehen mit der Regierung scharf ins Gericht. Auch beim Militär, bei Verteidigungsexperten, selbst bei Mitgliedern der Regierung wächst die Kritik. Im Schussfeld: Pentagon-Chef Donald Rumsfeld. Sein Ministerium ignoriere die Erfahrungen, welche die US-Armee bei Friedens-Einsätzen etwa in Haiti, Somalia, auf dem Balkan oder in Afghanistan während der vergangenen zehn Jahren gesammelt habe.

Nach dem Zusammenbruch des Regimes im Irak habe das Verteidigungsministerium das Gewaltpotenzial des Mob im Irak total unterschätzt. In der Übergangsphase zwischen dem Krieg und dem Aufbau des Irak habe es an Einheiten gefehlt, die für die Sicherheit in den Straßen der Großstädte hätten sorgen können.

Leger in schusssicherer Weste: Bremer (l.)

Viel zu spät habe die Regierung eingesehen, dass man sich vertan hatte. Ohne viel Aufhebens wurde der Pentagon-Mann Jay Garner am 7. Mai als oberster Verwalter des Irak durch den früheren Diplomaten Paul Bremer ersetzt. Die Ordnungspolitik im Irak änderte sich umgehend. Bremer verstärkte die Patrouillen in Bagdad und fuhr eine härtere Linie gegen Kriminelle. Plünderer etwa werden nun 20 Tage eingesperrt, wenn sie erwischt werden.

Damit einhergehend erklärte Rumsfeld die Herstellung der Sicherheit im Irak zum höchsten Ziel und schickte zusätzlich 15.000 Mann an den Euphrat, so dass nun rund 160.000 Amerikaner und 40.000 Briten vor Ort sind.

Bremer leitete auch eine andere Personalpolitik ein. Ende vergangener Woche gab er die Direktive aus, zwischen 15.000 und 30.000 Mitglieder der Baath-Partei aus politischen Ämtern und Verwaltungsjobs zu entlassen. Zuvor hatte man vor, nur die führenden Köpfe von Saddams Partei aus ihren Ämtern zu entfernen.

Die anhaltenden Probleme der Amerikaner führen zu Vermutungen, die geplante Übergabe der Macht an eine irakische Übergangsregierung könnte sich verzögern.

Bremer sah sich am Montag denn auch bemüßigt, entsprechende Berichte, wonach die US-Regierung die Bildung einer Übergangsregierung im Irak auf unbestimmte Zeit verschieben wolle, zu dementieren. Die Ernennung dieser Regierung werde so schnell wie möglich erfolgen, sagte er in Bagdad. Er reagierte damit unter anderem auf eine Demonstration, bei der am Montag der sofortige Abzug der US-Armee aus dem Irak gefordert wurde. Die mehr als 10.000 Demonstranten, die sich in dem vor allem von Schiiten bewohnten Stadtteil Kadhimija zusammenfanden, gehörten verschiedenen politischen Strömungen an, sagte ein Reporter des arabischen Fernsehsender al-Dschasira.

Die Iraker drücken ihre Unzufriedenheit mit den Besatzern aus, Sicherheitsexperten in den USA schütteln die Köpfe - nicht über die Demonstranten, sondern über die bisherige Unfähigkeit des Pentagon, die Gewalt einzudämmen, die nach dem offiziellen Ende des Krieges ausbrach.

William Durch, ein Experte für Friedenssicherung am Stimson Center in Washington, sagte der "New York Times": "Hinter den Kampftruppen hätte es großer Einheiten bedurft, die für die öffentliche Sicherheit zuständig gewesen wären." Verteidigungsexperten im Pentagon sagen, die Kriegsstrategen seien vom Irrglauben ausgegangen, die US-Truppen würden als Befreier begrüßt werden. Eine Fehleinschätzung, die etwa der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz nicht müde wurde zu prognostizieren.

Analysten meinen bei Bush zudem eine Abneigung für militärische Friedenssicherung und den Aufbau einer Zivilgesellschaft feststellen zu können. Während des Wahlkampfs im Jahr 2000 habe er der Clinton-Regierung immer wieder vorgeworfen, die Armee mit solchen Einsätzen über Gebühr zu strapazieren. Dazu kommt, dass Rumsfeld als Minimalist mit so wenig Truppen wie möglich das Maximale erreichen will.

Die Lage im Irak ist den Amerikanern offenbar so gründlich aus den Händen geglitten, dass selbst republikanische Abgeordnete die Regierung davor warnen, den Frieden im Irak zu verspielen. Christopher Shays, Abgeordneter aus Connecticut und Vorsitzender eines Ausschusses zur Reform der Regierung, sagte: "Die harten Lektionen, die wir im Kosovo, in Bosnien, Somalia, Haiti und Afghanistan gelernt haben, dass man nämlich um sich greifende Gesetzlosigkeit eindämmen muss, scheinen während des Sturms auf Bagdad verloren gegangen zu sein."


 

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BUSHS MASTERPLAN, ... sage und schreibe vom SPIEGEL online. Sind die auch endlich aus dem Dornröschenschlaf erwacht?


Der Krieg, der aus dem Think Tank kam

Von Jochen Bölsche

Es war das glatte Gegenteil einer Verschwörung: In aller Öffentlichkeit schmiedeten ultrarechte US-Denkfabriken schon 1998 Pläne für eine Ära amerikanischer Weltherrschaft, für die Entmachtung der Uno und einen Angriffskrieg gegen den Irak. Lange wurden sie nicht ernst genommen. Inzwischen geben die Falken in der Bush-Regierung den Ton an.

Illustration Jean-Pierre Kunkel

SPIEGEL-Titel "Die Bush-Krieger": Gerüstet für den Sturm auf Bagdad

Deutsche Kommentatoren und Korrespondenten zeigen sich seit Tagen verwirrt. Washington jongliere derart fix mit wechselnden Begründungen für den angestrebten Sturm auf Bagdad, "dass es der Außenwelt schwindelig werden kann", urteilt die "Süddeutsche Zeitung". Und die "Nürnberger Nachrichten" berichten über ein "Rätselraten" in den USA, wo Präsidenten-Sprecher Ari Fleischer Ende voriger Woche öffentlich erklärt hat, ein Irakkrieg lasse sich nur dann vermeiden, wenn Saddam nicht nur abrüste, sondern auch abtrete - eine Bedingung, die durch keine der bisher verabschiedeten 18 Uno-Resolutionen gedeckt ist.

Verwundert fragte das Blatt, ob Bush-Sprecher Fleischer sich "die wohl folgenreichste Freudsche Fehlleistung seiner Karriere geleistet hat - oder ob der Präsident ausdrücklich dessen Äußerung autorisiert hatte".

"Es ist kein Krieg gegen Saddams Mikroben"

So oder so: Dass der Wüstenkrieg in Wahrheit der Ablösung Saddams gelten soll, ob der Diktator nun über Massenvernichtungswaffen verfügt oder nicht - davon sind Bush-Kritiker in aller Welt überzeugt.

REUTERS Freudsche Fehlleistung oder Stimme seines Herrn: Ari Fleischer

"Es ist kein Krieg gegen Saddams Mikroben," schreibt der in Hannover geborene israelische Publizist und Friedenskämpfer Uri Avnery, "es ist ganz einfach ein Krieg um Weltherrschaft, wirtschaftlich, politisch, militärisch und kulturell."

Konzepte für eine solche Politik existieren in der Tat. Sie wurden bereits in den neunziger Jahren in ultrarechten "Think Tanks" entwickelt - Denkfabriken, in denen Kalte Krieger aus dem Dunstkreis von Geheimdiensten und Erweckungskirchen, von Rüstungs- und Ölkonzernen gespenstisch anmutende Pläne für eine neue Weltordnung schmiedeten.

In den Visionen der Falken wird das Völkerrecht durch das Recht des Stärkeren ersetzt. Am allerstärksten soll, natürlich, stets die einzig verbliebene Supermacht sein.

Weltmacht-Visionen im Internet

Zu diesem Zweck müssten die USA dauerhaft in der Lage sein, die Rohstoffvorräte des Planeten zu kontrollieren und jeden möglichen Konkurrenten klein zu kriegen und klein zu halten - mit allen Mitteln diplomatischer und publizistischer, ökonomischer und militärischer Macht, notfalls auch per Präventivkrieg.

Was immer in den Neunzigern in den Think Tanks ausgeheckt wurde, von einer Entmachtung der Uno bis hin zu Serien künftiger Unterwerfungskriege - es war das glatte Gegenteil einer Verschwörung: Fast alle dieser Weltmachtsvisionen sind veröffentlicht worden, einige per Internet zugänglich.

Lange Zeit freilich wurden die Elaborate als Hirngespinste abgetan, verfasst von intellektuellen Außenseitern, erzkonservativen Relikten aus der Reagan-Ära, kaltgestellten Kalten Kriegern, die, finanziell unterstützt von Lobby-Organisationen, in irgendwelchen Studierstuben politisch überwinterten, während in Washington Bill Clinton und sein Vize Al Gore regierten.

Im Weißen Haus wehte damals vorübergehend ein eher internationalistischer Geist: Geredet wurde von "Partnerschaften zur Universalisierung von Menschenrechten" und von fairem "Multilateralismus" in der Beziehung zu den Verbündeten; auf der Agenda standen Verträge zum Klimaschutz und zur Rüstungsbegrenzung, zur Ächtung von Landminen oder zum Aufbau einer internationalen Gerichtsbarkeit.

Schon 1998 wurde Saddams Sturz geplant

In diesem liberalen Klima blieb nahezu unbeachtet, was ein 1997 gegründetes "Project for The New American Century" (PNAC) postulierte, das laut Statut für "Amerikas globale Führerschaft" kämpft. Bereits vor fünf Jahren - am 26. Januar 1998 - forderte die Projektgruppe in einem Brief an "Mr. William J. Clinton" den damaligen US-Präsidenten zu einem Sturz Saddams und zu einer radikalen Umkehr im Umgang mit der Uno auf.

Solange nicht klar sei, ob Saddam über Massenvernichtungswaffen verfüge, drohe Gefahr für die USA, Israel und die gemäßigten arabischen Staaten in der Region sowie für einen "bedeutsamen Teil der Welt-Ölvorräte". Wörtlich heißt es bereits in dem achtundneunziger Papier:

"Das bedeutet, in kurzer Frist zur Durchführung einer militärischen Aktion bereit zu sein, da die Diplomatie offenkundig versagt hat. Langfristig bedeutet es, Saddam Hussein und sein Regime zu entmachten ... Wir glauben, dass die Vereinigten Staaten unter den bereits bestehenden UN-Resolutionen das Recht haben, die nötigen Schritte, einschließlich militärischer, zu unternehmen, um unsere vitalen Interessen im Golf zu sichern. In keinem Fall darf sich die amerikanische Politik länger durch das fehlgeleitete Beharren des UN-Sicherheitsrats auf Einstimmigkeit lähmen lassen."

Blaupause für einen Angriffskrieg

Der Brief wäre für immer unbeachtet in den Archiven des Weißen Hauses vergilbt, wenn er sich heute nicht wie die Blaupause zur Herbeiführung eines lange ersehnten Angriffskrieges lesen würde - und, vor allem, wenn nicht zehn PNAC-Mitglieder, die diesen Brief beziehungsweise den Gründungsaufruf unterzeichnet haben, mittlerweile im Telefonverzeichnis der Bush-Administration stehen würden:

Richard B. Cheney ist Vizepräsident der Vereinigten Staaten,

Lewis Libby ist Cheneys Stabschef,

Donald Rumsfeld ist Bushs Verteidigungsminister,

Paul Dundes Wolfowitz ist Rumsfelds Stellvertreter,

Peter W. Rodman ist verantwortlich für "internationale Sicherheitsangelegenheiten",

John Bolton ist Staatssekretär für Rüstungskontrolle,

Richard Armitage ist stellvertretender Außenminister,

Richard Perle, einst Vize-Verteidigungsminister unter Reagan, ist Chef des American Defense Policy Board,

William Kristol, der PNAC-Vorsitzende, berät Bush und gilt als das "Hirn des Präsidenten",

Zalmay Khalilzad ist, nachdem er als Sonderbotschafter und Königsmacher in Afghanistan gewirkt hat, derzeit Bushs Sonderbeauftragter für den Kontakt zur irakischen Opposition. Schon vor mehr als zehn Jahren hatten zwei Hardliner aus diesem Kreis eine verteidigungspolitische Planungsvorgabe ("Defense Planning Guidance") entworfen, die für einen internationalen Eklat sorgte, als sie der amerikanischen Presse zugespielt wurde.

Die 1992 von der "New York Times" enthüllten Vorschläge, formuliert von den heutigen Kabinettsmitgliedern Wolfowitz und Libby, liefen darauf hinaus, die während des Kalten Krieges verfolgte Abschreckungsdoktrin durch eine völlig neue Globalstrategie zu ersetzen.

Ziel war die dauerhafte Erhaltung der Supermachtposition der USA - auch gegenüber Europa, Russland und China. Diesem Zweck sollten "Mechanismen" dienen, die potenzielle Konkurrenten davon abschrecken, "unsere Führung in Frage zu stellen oder auch nur eine größere regionale oder globale Rolle spielen zu wollen" - Formulierungen, die nach ihrem bekannt werden prompt für Verstimmung in den Metropolen Europas und Asiens sorgten.

Notwendig, hieß es in dem Wolfowitz-Libby-Papier, sei vor allem eine stabile amerikanische Vormachtstellung in Eurasien. Ein Land, das etwa durch den Erwerb von Massenvernichtungswaffen die Interessen der USA bedrohe, müsse mit Präventivangriffen rechnen. Die traditionellen Bündnisse seien durch "Ad-hoc-Koalitionen" zu ersetzen, "die nicht länger Bestand haben als die aktuelle Krise andauert".

Im September 2000 - nur wenige Monate vor dem Antritt der Regierung Bush - schloss die PNAC die Arbeit an einer Fortschreibung des weltpolitischen Masterplans von 1992 ab.

Diese im Auftrag von Cheney, Rumsfeld, Wolfowitz und Libby verfasste Studie ("Rebuilding America's Defenses") ist ebenfalls der Frage gewidmet, "wie die globale US-Vorherrschaft aufrecht erhalten, dem Aufstieg einer rivalisierenden Großmacht vorgebeugt und die internationale Sicherheitsordnung gemäß amerikanischen Prinzipien und Interessen gestaltet werden kann".

"Kavallerie im neuen Grenzland"

Unter anderem, so heißt es da, müssten die USA durch eine gewaltige Aufstockung ihres Rüstungsetats und den Aufbau eines länderübergreifenden Raketenschirms in die Lage versetzt werden, "zahlreiche größere Kriege gleichzeitig durchkämpfen und für sich entscheiden" zu können. Auf jeden Fall gehöre die Golfregion unter US-Kontrolle, heißt es in dem PNAC-Papier, das auch im Internet verfügbar ist. Zitat:

"Die Vereinigten Staaten haben seit Jahren versucht, eine dauerhaftere Rolle in der Sicherheitsarchitektur am Golf zu spielen. Der ungelöste Konflikt mit dem Irak liefert zwar die unmittelbare Begründung dafür, die Präsenz einer substantiellen amerikanischen Streitmacht am Golf ist aber ganz unabhängig von der Frage des Saddam-Hussein-Regimes nötig."

Im Ausland stationierte US-Streitkräfte bezeichneten die Autoren in der kernigen Sprache des Wilden Westens als "Kavallerie im neuen amerikanischen Grenzland" ("the cavalry on the new American frontier"). Auch die Aufgaben der Friedensstiftung sollten, so die Studie weiter, eher der Führerschaft der USA als der Uno obliegen.

"Diplomatie mit dem Revolver an der Schläfe"

Kaum hatte George W. Bush nach seinem umstrittenen Wahlsieg die Clinton-Administration abgelöst, hievte er die Hardliner von der PNAC in seine Regierung. Für einen Haudegen wie Richard Perle, dem die Hamburger "Zeit" einmal "Diplomatie mit dem Revolver an der Schläfe" bescheinigte, fand sich eine Schlüsselposition im offiziösen Defense Policy Board, das in unmittelbarer Nähe von Pentagon-Chef Rumsfeld wirkt.

Mit atemberaubendem Tempo setzten die neuen Herren die PNAC-Strategie um. Bush kündigte reihenweise internationale Verträge aus der Clinton-Ära, brüskierte die Uno und behandelte Verbündete wie Vasallen. Und als nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die blanke Angst in Amerika regierte und im Land Milzbrandbriefe kursierten, war aus Sicht der Bushisten offenbar die Zeit reif dafür, auch die alten Irak-Pläne aus der PNAC-Schublade zu holen.

Bereits sechs Tage nach dem Anschlag auf das World Trade Center unterzeichnete Bush einen Exekutivbefehl, in dem er nicht nur Order gab, einen Krieg gegen das Terrornetzwerk und gegen die Taliban vorzubereiten. Ein zunächst geheim gehaltener zweiter Absatz befahl den Militärs, Szenarien für einen Irakkrieg zu erarbeiten.

"Ein Hundesohn, aber unser Hundesohn"

Zwar ließ sich die von der Regierung behauptete Steuerung der WTC-Attentäter durch den Irak ebenso wenig belegen wie die Vermutung, Saddam habe mit den Anthrax-Briefen zu tun; später stellte sich heraus, dass das Massenvernichtungsmittel offenbar aus US-Militärlabors stammte. Dennoch erklärte Richard Perle in einem TV-Interview unverdrossen: "Es kann keinen Sieg im Krieg gegen den Terrorismus geben, wenn Saddam Hussein am Ende immer noch an der Macht ist."

Der Diktator, verlangte Perle, müsse von den USA nicht zuletzt deshalb beseitigt werden, "weil er das Symbol für die Missachtung aller westlichen Werte ist". Das allerdings war Saddam auch schon gewesen, als er sich 1979 mit US-Hilfe an die Spitze des Landes putschte.

Damals meldete ein Geheimdienstler aus der amerikanischen Botschaft in Bagdad an die CIA-Zentrale: "Ich weiß, Saddam ist ein Hundesohn, aber er ist unser Hundesohn." Und nachdem die USA den Diktator auch im Kampf gegen den Iran unterstützt hatten, erklärte der pensionierte CIA-Direktor Robert Gates, er selber habe nie irgendwelche Illusionen über den Mann in Bagdad gehegt: Saddam sei "kein Demokrat, kein Agrarreformer, sondern ein ganz gemeiner Verbrecher".

Der PNAC-Hinweis auf das irakische Öl allein erklärt nicht, warum Washington dem einstigen Kompagnon nun partout, notfalls auch gegen das Votum der Uno, den Krieg erklären will.

"Dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit"

Vieles spricht dafür, dass der Hegemon vom Potomac den Herrscher aus dem Zweistromland aus dem Weg räumen will, um nach dessen Sturz den gesamten Nahen Osten verstärkt dem Wirtschaftseinfluss der USA unterwerfen zu können. Bush formuliert es anders: Der notfalls unter Bruch des Völkerrechts zu besetzende Irak solle künftig "als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen".

Experten wie Udo Steinbach, Direktor des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, melden Zweifel an Bushs Redlichkeit an. Der vom US-Präsidenten vorige Woche ausgerufene Demokratisierungsfeldzug sei eine "bewusste Verzeichnung der Situation mit dem Ziel, den Krieg zu rechtfertigen".

Nichts lasse derzeit darauf schließen, dass Bush tatsächlich an einer Demokratisierung der Region über den Irak hinaus gelegen sei. "Und selbst im Irak", erklärte Steinbach gegenüber SPIEGEL ONLINE, "kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass nach dem Zusammenbruch des Saddam-Regimes unmittelbar etwas Demokratisches entstehen könnte."

Ein Dreh am Ölhahn schädigt die Konkurrenz

Eher schon würde der so genannte Präventivschlag gegen Bagdad - im Jargon der Bush-Krieger: "antizipierende Aktion zur Selbstverteidigung" - dazu dienen, jener US-amerikanischen Vorherrschaft über Eurasien näher zu kommen, die von den PNAC-Ideologen seit langem ersehnt wird.

Der Krieg gegen den Irak, urteilt der erfahrene israelische Publizist Avnery, sei "vor allem ein Krieg gegen Europa und Japan". Denn:

"Die amerikanische Besatzung des Irak wird die amerikanische Kontrolle nicht nur über die ausgedehnten Ölreserven des Irak selbst, sondern auch die des Kaspischen Meeres und der Golfstaaten sichern. Die US-Hand auf dem Ölhahn der Welt kann Deutschland, Frankreich und Japan abwürgen, weil sie nach Belieben den Preis in aller Welt manipulieren kann. Den Preis herabzusetzen, wird Russland abwürgen - den Preis zu erhöhen, wird Deutschland und Japan treffen. Deshalb liegt das Verhindern eines Krieges im Wesentlichen im europäischen Interesse, abgesehen vom tiefen Wunsch der europäischen Völker nach Frieden."

"Washington verbirgt nicht einmal sein Verlangen, Europa in die Knie zu zwingen," urteilt Avnery. Um genau diese Weltherrschaftspläne durchzusetzen, sei Bush junior "bereit, eine Menge Blut zu vergießen (solange es kein amerikanisches Blut ist)".

Am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen

Die Anmaßung der Washingtoner Bellizisten, am amerikanischen Wesen die Welt genesen zu lassen und ganz allein über Krieg und Frieden zu entscheiden, schockiert Experten wie den Kölner Völkerrechtler Hartmut Schiedermair: Das "amerikanische Sendungsbewusstsein", das aus solchen Ankündigungen spreche, sei "besorgniserregend".

Allzu lange, kritisiert der hessische Friedens- und Konfliktforscher Harald Müller, habe auch die Berliner Regierung die 2001 vollzogene radikale Kehrtwendung der US-Außenpolitik unter Bush "geflissentlich übersehen, verschwiegen, heruntergespielt".

Dabei sei das Programm der Bush-Administration unverkennbar: "Amerika tut, was es will. Internationale Regeln gelten, wenn es den eigenen Interessen nutzt, werden gebrochen, ignoriert oder gar nicht erst akzeptiert, wenn sie irgendwelche Opfer abfordern." Kurzum: "Die USA wollen totale Handlungsfähigkeit für sich: Weltpolitik nach Gutsherrenart."

Verständnislos reagieren aber auch altgediente Parlamentarier in den Ländern der Anti-Irak-Achse auf den Umschwung im Weißen Haus.

"Verliebt in die Idee des Krieges"

Schon als voriges Jahr die PNAC-Studie der Bushisten publik wurde, wetterte der Labour-Abgeordnete Tam Dalyell, eines der dienstältesten Mitglieder des britischen Unterhauses: "Das ist Schund aus rechten Denkfabriken, in denen Falken mit Spatzenhirnen hocken - Leute, die nie den Schrecken des Krieges erlebt haben, aber verliebt sind in die Idee des Krieges." Und mit einem Seitenhieb auf Tony Blair: "Ich bin entsetzt, dass ein britischer Labour-Premier mit einer Bande von solcherart moralischer Statur ins Bett steigt."

In den USA meldete sich Mitte Februar der Demokrat Robert C. Byrd, 86, zu Wort, der "Vater des Senats". Das dienstälteste Mitglied der Kammer warnte, der von den Rechtskonservativen gepredigte Präventivkrieg sei eine "Verdrehung der traditionellen Idee vom Recht auf Selbstverteidigung" und ein "Verstoß gegen das Völkerrecht". Bushs Politik markiere "womöglich einen Wendepunkt in der Weltgeschichte" - und sie lege die "Basis für Antiamerikanismus" in weiten Teilen der Erde.

"Missachtung der restlichen Welt"

Einer, der des Antiamerikanismus ebenfalls ganz und gar unverdächtig ist, beurteilt den Washingtoner PNAC-Kurs ganz ähnlich: der einstige US-Präsident Jimmy Carter.

Zunächst, urteilt Carter, habe Bush auf die Herausforderungen des 11. September rasch und vernünftig gehandelt: "Aber mittlerweile versucht eine Gruppe von Konservativen, lange gehegte Ambitionen unter dem Deckmantel des 'Krieges gegen den Terrorismus' zu verfolgen."

Die Einschränkung von Bürgerrechten im eigenen Land und der Umgang mit den Gefangenen von Guantanamo, die Kündigung internationaler Abkommen und die "Missachtung der restlichen Welt", schließlich die Ankündigung eines Angriffskrieges gegen den Irak, obwohl es "gegenwärtig keine Bedrohung der Vereinigten Staaten durch Bagdad" gebe - das alles werde verheerende Folgen haben.

"Diese ganze einseitige Politik," warnt der Ex-Präsident, "isoliert die Vereinigten Staaten immer mehr von den Nationen, die wir brauchen, um den Terrorismus zu bekämpfen."


 

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