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Vallery Plame - Bush dementiert nichts


Das Weiße Haus hat heute die jüngsten Anschuldigungen in der CIA-Affäre gegen den US-Präsidenten nicht dementiert - höchstens heruntergespielt. Der Ex-Stabschef von Vizepräsident Cheney hat ausgesagt, George W. Bush habe höchstpersönlich die Weitergabe geheimer Dokumente an die Presse autorisiert.

Washington - US-Präsident George W. Bush soll die Veröffentlichung vertraulicher Geheimdienstinformationen über den Irak im Sommer 2003 durch den damaligen Stabschef seines Stellvertreters Dick Cheney selbst veranlasst haben. Das geht aus Gerichtsdokumenten zur Affäre um die Enttarnung einer CIA-Agentin hervor, die am Donnerstag an die Öffentlichkeit gelangten.

Die von der Staatsanwaltschaft zusammengestellten Dokumente enthalten Aussagen des früheren Cheney-Stabschefs Lewis Libby, der in Zusammenhang mit der Affäre im Oktober vorigen Jahres unter anderem wegen Behinderung der Justiz und Meineids angeklagt wurde. Demnach sagte Libby vor einer Anklagekammer (Grand Jury) aus, Cheney habe ihn zur Weitergabe der geheimen Informationen an Journalisten veranlasst und hinzugefügt, diese Anweisung stamme von Präsident Bush selbst.

Das Weiße Haus hat die Anschuldigungen heute nicht dementiert. Regierungssprecher Scott McClellan erklärte, die US-Regierung habe ursprünglich vertrauliche Geheimdienstinformationen deklassifiziert, also zur Veröffentlichung freigegeben. Allerdings "würde der Präsident niemals Informationen preisgeben, die die nationale Sicherheit gefährdeten", sagte er weiter.

Nach den Erkenntnissen von Sonderermittler Patrick Fitzgerald hat Libby im Juni 2003 von Cheney erfahren, dass die Frau des Regierungskritikers Joseph Wilson, Valerie Plame, als Agentin für den Geheimdienst CIA tätig war. Diese Informationen soll er an eine Journalistin der "New York Times", Judith Miller, und an einen Reporter des Magazins "Time", Matt Cooper, weitergegeben haben. Während Miller die Information nicht verwendete, schrieb Cooper einen Bericht über Plame und gab später an, dass Libby einer seiner Informanten gewesen sei.

Der Mann der enttarnten CIA-Agentin hat der US-Regierung vorgeworfen, seine Untersuchungen zu Geheimdienstinformationen vor dem Irak-Krieg ignoriert zu haben. Demnach ließ sich der Vorwurf nicht halten, dass der Irak unter Saddam Hussein versucht haben soll, sich 500 Tonnen konzentriertes Uran aus dem afrikanischen Staat Niger zu beschaffen. Dennoch verwendete Bush diese Information in einer Rede zur Lage der Nation, in der er dem Regime Saddam Husseins die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen vorwarf.

Wilson hat die Vermutung geäußert, die Regierung Bush habe die CIA-Tätigkeit seiner Frau aufgedeckt, um ihn für seine Aussagen zu bestrafen. Aus den Gerichtsdokumenten geht nicht hervor, dass Bush oder der Vizepräsident Libby dazu ermächtigt hätten, den Namen Plames preiszugeben. Sie zeigen jedoch, dass der Präsident und sein Vize Libby dazu benutzt haben, Journalisten mit Erkenntnissen der Geheimdienste über die Lage im Irak vor Beginn des Kriegs im März 2003 zu versorgen.

Libby traf sich demnach im Juli 2003 mit Miller, um mit ihr über ein geheimes CIA-Dossier zu sprechen, das den Äußerungen Wilsons widersprach. Libby sagte, er habe verstanden, dass er die Reporterin auch über frühere Geheimdiensterkenntnisse informieren sollte, wonach der Irak sich um die Beschaffung von Uran bemühe.

Die Anweisung zur Weitergabe der geheimen Informationen im Sommer 2003 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der Präsident wegen nicht gefundener Massenvernichtungswaffen im Irak öffentlich unter Druck geriet. Die US-Regierung hatte den Krieg mit der angeblichen Existenz von Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt.

Die Demokraten kritisierten Bush nach Bekanntwerden der Gerichtsdokumente scharf. Ihr Fraktionsvorsitzender im Senat, Harry Reid, sagte, im Licht der "schockierenden Enthüllungen" müsse der Präsident seine Rolle bei der Preisgabe vertraulicher Informationen vollständig aufklären. "Das amerikanische Volk muss die Wahrheit kennen." Senator John Kerry erinnerte an die Forderung Bushs, die Person zu finden, die die CIA-Agentin enttarnt habe. Der Präsident müsse dafür nur vor einen Spiegel treten, sagte der Demokrat.

Das Weiße Haus wollte sich mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht zu den Enthüllungen äußern. Justizminister Alberto Gonzales erklärte, der Präsident habe die Kompetenz, darüber zu entscheiden, wem Zugang zu Geheiminformationen gewährt werde.

Pete Yost,AP


 

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Bush als Heuchler in der CIA-Affäre


«Wir werden entsprechend darauf reagieren»: George W. Bush.

Der Skandal um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame wuchert weiter. US-Präsident Bush soll die Veröffentlichung von Geheiminformationen autorisiert haben.

Von Martin Kilian, Washington

Er kenne niemanden in seiner Regierung, der vertrauliche Informationen an die Medien weitergebe, versicherte Präsident George W. Bush Ende September 2003. «Wenn jemand so etwas tun würde, möchte ich es wissen, und wir werden entsprechend darauf reagieren», drohte er. In einer überraschenden Wendung des Skandals um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame wurde nun in Washington publik, dass Bush und seine Vize Dick Cheney selber die Veröffentlichung von Geheiminformationen autorisiert haben.

Die Enthüllung schürt den Verdacht, Bush sei aktiv am Rachefeldzug gegen Plames Ehemann, den ehemaligen Botschafter Joseph Wilson, beteiligt gewesen. Zum Vorschein gekommen war die Verwicklung des Präsidenten und seines Vizes durch ein Gerichtsdokument. Der zur Aufklärung der Plame-Affäre eingesetzte Sonderermittler Patrick Fitzgerald zitiert darin eidesstattliche Aussagen des wegen Rechtsbehinderung, Falschaussage und Meineids im vorigen Oktober angeklagten ehemaligen Stabschefs von Vizepräsident Cheney, Lewis «Scooter» Libby. Der sei von Cheney unterrichtet worden, «dass der Präsident den Angeklagten autorisiert hatte, gewisse Informationen» weiterzugeben.

Eine Story aus dem Reich der Märchen

Es handelte sich dabei um die geheime Einschätzung irakischer Massenvernichtungswaffen durch die CIA vom Herbst 2002, die in Form eines National Intelligence Estimate (NIE) vorlagen. Unter anderem war darin fälschlich festgehalten worden, Saddam Hussein habe versucht, sich im afrikanischen Staat Niger Uran zum Bau von Atomwaffen zu beschaffen. Bereits im Februar 2002 war der ehemalige Diplomat und Afrika-Experte Wilson im Auftrag der CIA deshalb nach Niger gereist. Obschon Wilson die Niger-Story nach seiner Rückkehr ins Reich der Märchen verwies, behauptete Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2003, der Irak habe sich in Afrika Uran beschaffen wollen.

Nachdem Wilson die Regierung Bush in einem Artikel in der «New York Times» am 6. Juli 2003 bezichtigt hatte, die nachrichtendienstlichen Erkenntnisse zur Begründung des Kriegs im Irak verfälscht und übertrieben zu haben, entschloss sich das Weisse Haus, Wilson planmässig zu diskreditieren. Denn die Bush-Administration befand sich im Sommer 2003 in einer prekären Situation: Monate nach dem Kriegsende im Irak waren noch immer keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden. Deshalb ermächtigten Bush und Cheney nun Lewis Libby, sich am 8. Juli 2003 mit der «New York Times»-Reporterin Judith Miller zu treffen und ihr die NIE-Erkenntnisse zu stecken.

Als Libby Bedenken wegen des Geheimcharakters dieser Informationen erhob, wurde er dem Gerichtsdokument zufolge beruhigt: Bush habe ihn «eigens autorisiert, gewisse NIE-Informationen preiszugeben». Da der Präsident das Recht hat, jede Geheiminformation freizugeben, lag nunmehr zwar kein Geheimnisbruch vor. Mit seiner Autorisierung aber entpuppte sich Bush als Heuchler: Einerseits beklagte und beklagt der Präsident das Weitergeben von Geheiminformationen und fordert sogar die gerichtliche Verfolgung dieser Praktiken. Andererseits hob er die Geheimhaltung zur Diskreditierung eines Kritikers kurzerhand auf.

Fitzgerald berichtet in dem Gerichtsdokument überdies, er habe «Beweise», dass Wilsons Artikel in der «New York Times» von Cheney und seinem Stab «als direkter Angriff auf die Glaubwürdigkeit des Vizepräsidenten (und des Präsidenten) in einer extrem wichtigen Angelegenheit empfunden wurde: die Begründung für den Krieg im Irak». Um Wilson zu desavouieren, begannen Mitarbeiter von Bush und Cheney bereits Mitte Juni 2003 zu streuen, der Ex-Diplomat verdanke seinen «Ausflug» nach Afrika dem Umstand, dass seine Gattin Valerie Plame bei der CIA arbeite.

Damit sollte Wilson als Begünstigter eines zweifelhaften Nepotismus gezeichnet und seine Schlussfolgerung entkräftet werden. Noch immer ermittelt Fitzgerald deshalb gegen Karl Rove, den mächtigen Intimus des Präsidenten, sowie gegen Bushs Sicherheitsberater Stephen Hadley. Die neueste Entwicklung dürfte dem Präsidenten ungelegen kommen: Libbys Behauptungen untergraben einmal mehr seine Vertrauenswürdigkeit.


 

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VERTRAULICHER IRAK-BERICHT - "US-Nachkriegsstrategie war unglaubliches Schlamassel"


Stümperhaft, schlecht vorbereitet, ohne Konzept - so analysierte ein britischer Diplomat das Vorgehen der US-Nachkriegsverwaltung im Irak - und meldete es an seinen Premier Blair.

London - Von Diplomatie keine Spur: Die Berichte, die Tony Blairs Gesandter in Bagdad, John Sawers, im Mai und Juni 2003 in die Downing Street Nr. 10 schickte, sind eine schonungslose Auflistung schwerer Fehler der US-Militärs. Der "Guardian" berichtet heute aus den Depeschen, in denen Sawers in ungewöhnlicher Offenheit wird über die Nachkriegsverwaltung des pensionierten US-Generals Jay Garner herzog: Die Arbeit, die der Amerikaner leiste, sei ein "unglaubliches Schlamassel", heißt es da. Die Post aus dem Kriegsgebiet bescheinigt Garner und dessen "Top-Team aus pensionierten Generälen" wenig Kompetenz: "bemüht, aber nicht gekonnt".

Der US-Autor Michael Gordon, Chef-Militärkorrespondent bei der "New York Times", hat Sawers Berichte ausgewertet, sie erscheinen in dem Buch "Cobra II: the Inside Story of the Invasion and Occupation of Iraq", pünktlich zum dritten Jahrestag der Invasion.

Nur vier Tage nach seiner Ankunft in Bagdad hat Sawers am 11. Mai 2003 die fatale Lage analysiert: "keine Führung, keine Strategie, keine Koordination, keine Struktur und kein Konzept im Umgang mit den Irakern". Die Aufstände und die anarchischen Zustände im Irak gingen auf eine Reihe strategischer Fehler zurück, schreibt Sawers: In der Nachkriegs-Phase habe der Kommandeur der US-Truppen, Tony Franks, das Interesse verloren. Der dritten Infanteriedivision in Bagdad unterstellte er "hemdsärmeliges Vorgehen", dadurch hätten sie die ursprünglichen Sympathien der Iraker verspielt. Versäumnisse wirft Tony Blairs Gesandter aber auch der Zivilverwaltung vor: Es habe kein Konzept für die Versorgung der Iraker mit Strom, Wasser und Medikamenten gegeben.

Seine Beurteilung wird unterstützt vom ranghöchsten britischen Militär im Irak, dem Verbindungsoffizier zu den US-Truppen: Generalmajor Albert Whiteley schrieb im Sommer 2003 einen Brief an Blair. Darin heißt es: "Es sieht so aus, als hätten wir uns verleiten lassen an etwas teilzunehmen, was wir bald bereuen könnten. Ist Scheitern eine Option? Die Antwort lautet 'ja'."

"Falsche Interpretation der Berichte über ABC-Waffen"

Laut eines Berichts des US-Nachrichtenmagazins "Foreign Affairs" basierte der Befehl zur Invasion auch auf Fehleinschätzungen und Missverständnissen. Das US-Verteidigungsministerium habe behördeninterne irakische Mitteilungen über mutmaßliche Massenvernichtungswaffen im Jahr 2002 falsch interpretiert, ist auf der Webseite des Magazins zu lesen. Geheimdienstmitarbeiter hätten Mitteilungen dahingehend verstanden, dass der Irak solche Waffen verstecke. In Wahrheit hätten sie aber gezeigt, dass Bagdad den Vorgaben der Uno-Waffeninspekteure zu entsprechen versuchte.

Eines der fehlinterpretierten Dokumente habe die Anordnung enthalten, das Gebiet um das irakische Hauptquartier nach chemischen Wirkstoffen zu durchsuchen, um sicherzustellen, dass die Gegend "frei von chemischen Behältern" sei. Laut "Foreign Affairs" analysierten die US-Experten die Informationen vor dem Hintergrund eines "Jahrzehnts arglistiger Täuschung" durch den Irak. Sie hätten darum nicht wissen können, dass die Anweisung dieses mal nicht dazu diente, vorhandene Massenvernichtungswaffen zu verstecken. Beim früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein sei vielmehr Ende 2002 die Einsicht gereift, dass der Irak mit den Uno-Inspekteuren kooperieren müsse, um einen Einmarsch der US-Truppen zu verhindern. Die Anweisung habe dazu gedient, die Uno-Resolutionen tatsächlich zu erfüllen.

Dem Bericht zufolge trug Hussein dazu bei, die falsche Annahme zu stärken, dass sein Land im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei. Er habe gefürchtet, dass andernfalls Israel den Irak angreifen könnte. Erst Ende 2002 habe Saddam Hussein seine Strategie geändert, um die Welt davon zu überzeugen, dass der Irak keine ABC-Waffen habe und mit den Uno-Inspekteuren zusammenarbeite.


 

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