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Dienstag, 13. Mai 2008

Doch keine Klage gegen «20. Attentäter» von 9/11


Das US-Verteidigungsministerium hat überraschend seine Anklage gegen den mutmasslichen «20. Attentäter» der Anschläge vom 11. September 2001 zurückgezogen. Gründe für die Entscheidung wurden nicht genannt.

Die zuständige Militärjustiz habe die Klage gegen den Terrorverdächtigen Mohammed el Qahtani verworfen. Sie behalte sich aber eine Neuauflage des Falls vor, sagte Pentagon-Sprecher Jeffrey Gordon am Dienstag in Washington.

Zum weiteren Vorgehen gegen El Qahtani machte das Pentagon keine Angaben. El Qahtani sollte nach der ursprünglichen Planung vor einer eigens für Terrorverdächtige eingerichteten Militärkommission im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba abgeurteilt werden.

Schwer gefoltert

El Qahtani war vorgeworfen worden, mit den 19 Attentätern, die am 11. September 2001 vier US-Flugzeuge entführten und drei von ihnen in Gebäude lenkten, gemeinsame Sache gemacht zu haben.

Nach bisheriger Einschätzung der US-Ermittler war er als «20. Attentäter» vorgesehen, konnte den Plan aber nicht ausführen, da ihm im August 2001 am Flughafen Orlando die Einreise in die USA verwehrt worden war.

US-Truppen hatten El Qahtani in Afghanistan aufgegriffen und ins Gefangenenlager Guantanamo gebracht. Der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte persönlich die Anwendung besonders harter Verhörmethoden gegen den Terrorverdächtigen gebilligt. Dazu zählten nach US-Medienberichten Schlafentzug, laute Musik, extreme Temperaturen und Dauerverhöre von 20 Stunden Länge.

Quelle: SDA/ATS


 

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«UBS hat in den USA nie Geld verdient»


von Lukas Hässig

Der Zürcher Bankenprofessor Hans Geiger über ein gravierendes Egoproblem der Grossbank in den USA und die Gründe, weshalb die UBS in Amerika nichts mehr zu suchen hat.

Herr Geiger, für Sie ginge die UBS am Besten raus aus dem US-Markt. Wieso?

Hans Geiger: Die beiden Grossbanken haben in den letzten 30 Jahren per Saldo immer viel Geld in den Staaten verloren. Das ist nicht im Interesse der Aktionäre.

Warum scheiterte die weltgrösste Vermögensverwalterin ausgerechnet in den USA?

Geiger: Wegen ihrem Egoproblem. Man will in den USA zu den Feinsten der Feinen zählen, mit den Topbanken von Wallstreet konkurrenzieren. Ebenso gut könnte ein Schweizer Fussballer Quarterback im besten US-Football-Team werden wollen.

Falsches Spiel in falscher Liga?

Geiger: Natürlich gibt es das Argument, dass man nur mit Amerika wirklich global ist. Doch die englische HSBC kommt auch ohne aus, weil sie ein Riese in Asien ist.

Was ginge der UBS beim Verzicht auf den grossen US-Markt verloren?

Geiger: Das Football-Argument bezieht sich aufs Handelsgeschäft, wo die UBS fast 40 Milliarden verloren hat. Aber auch in ihrer Paradedisziplin Vermögensverwaltung hat die Bank nie richtig Geld in den Staaten verdient.

Paradedisziplin und kein Gewinn – wie geht das zusammen?

Geiger: Vermögensverwaltung in den USA ist anders. Der Amerikaner will nur Aktientipps, Abwicklung, Kreditlimite, Platin-Kreditkarte, mehr verkaufen Sie dem nicht. Sonst würde die UBS bei über 800 Milliarden verwalteten Vermögen viel besser abschneiden.

Plädieren Sie für ein Ende mit Schrecken?

Geiger: Daimler versuchte ebenfalls mit Chrysler zu reüssieren – und die Deutschen können bekanntlich Autos bauen, so wie die UBS Vermögen bewirtschaften kann. Auch Daimler ist gescheitert. «Details matter» stimmt halt doch: Der Erfolg liegt am Schluss im Detail.

Hätte es die UBS besser wissen können?

Geiger: Nein, auch wenn immer klar war, dass sie für die US-Bank Paine Webber zu viel bezahlte. Nur hat die CS für die Investmentbank DLJ noch viel stärker geblutet. Und ich traute der UBS wirklich zu, die US-Vermögensverwaltung in einen Geldesel zu verwandeln.

Kann die UBS überhaupt in den USA den Stecker ziehen?

Geiger: Die Lehre ist, dass mittelgrosse wie Vontobel und Julius Bär gar nichts in den USA haben, um nicht erpressbar zu sein. Für globale Finanz-Titanen wie die CS und die UBS ist ein völliger Rückzug hingegen illusorisch. Dafür sollten sie ihren Ressourcenschwerpunkt verschieben. Inzwischen beschäftigt die UBS ja mehr Leute in den USA als in der Schweiz.


 

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Mittwoch, 30. April 2008

Zum Tod von Albert Hofmann.


by Mathias Broeckers

Wenn man sich von einem sehr alten und lieben Menschen verabschiedet, ist jedes Mal ein bißchen Angst dabei, dass man sich vielleicht nicht mehr wiedersieht. Bei den Abschieden von Albert Hofmann in der letzten Zeit verspürte ich aber immer nur einen ganz leisen Anflug davon, denn die Lebendigkeit und die mentale Fitness dieses uralten Mannes (siehe Eintrag vom 31.3.) liessen gar nicht an einen Abschied für immer denken. Genausowenig wie seine Frische und Schlagfertigkeit am Telefon, etwa als ich ihm im letzten Oktober dazu gratulierte, bei einer Umfrage in England zum größten lebenden Genie gewählt geworden zu sein: “Ach, ich bin es doch nicht, der gewählt worden ist, es ist das LSD”. Aber gefreut hat er sich trotzdem, so wie er sich immer noch richtig ärgern konnte – über schlechte Artikel, falsche Zitate, schlampige Wissenschaft.

Seine wichtigste Entdeckung freilich verdankt sich einer kleinen Schlamperei im Labor. Bei einer Frühstückspause im April 1943 hatte er die Eingebung, eine schon 5 Jahre zuvor hergestellte Verbindung des Mutterkorn-Wirkstoffs Lysergsäure erneut zu produzieren – und dabei versehntlich einige Millionstel Gramm absorbiert, die zu erstaunlichen Bewußtseinsveränderungen führte. Eine derart wirksame Substanz war in der ganzen Pharmakologie bis dahin nicht bekannt, so dass Dr. Hofmann am Tag darauf mit einer vielfachen Überdosis einen Selbstversuch ausführte. Da LSD weitestgehend untoxisch ist, führte dies zu keinen körperlichen Schädigungen, aber zu einem Horrortrip, bei dem sich Realität und Ich völlig auflösten und er glaubte, wahnsinnig geworden zu sein. Als allerdings die Wirkung etwas nachließ und die gewohnte Wirklichkeit zurückkehrte, schien sie strahlender, leuchtender, lebendiger. So wie ihm jetzt die Natur vorkam hatte er es schon einmal erlebt, als 11-Jähriger bei einem Gang durch einen Sommerwald auf dem Martinsberg bei Baden. Damals war seine Neugier entstanden, dem Geheimnis dieser strahlenden Natur, deren Teil er war, auf die Spur zu kommen. Aus armen Verhältnissen stammend paukte er neben der Kaufmannslehre Latein, ein Pate bezahlte das damals kostenpflichtige Gymnasium, nach einem Chemiestudium in Zürich trat er 1929 in die Abteilung Naturstoffe der Baseler Sandoz-Werke ein, die er bis zu seiner Pensionierung 1971 leitete. In dieser Zeit erforschte er zahlreiche Arzneiwirkstoffe, von denen einige bis heute Standardmedikamente sind, wie das in der Geburtshilfe eingesetze “Methergin”. Für seine grundlegenden Forschungen, die in über 140 Arbeiten dokumentiert sind, erhielt Albert Hofmann zahlreiche internationale Preise und Ehrendoktorate. Die Entdeckung des LSD – sowie des Psylocibin, des Wirkstoffs der mexikanischen Zauberpilze – machten sein Werk weit über die Gebiete der Pflanzenchemie und Pharmakologie hinaus von Bedeutung, allen voran für die Neurowissenschaften und Bewußtseinsforschung. Abgesehen von den US-Geheimdiensten, die in den 50er Jahren ebenso üble wie erfolglose Experimente mit unwissentlich verabreichtem LSD veranstalteten, erwies sich die Substanz für Ärzte und Psychiater als vielversprechend. Zahlreiche Forschungsberichte über den Erfolg von LSD-gestützter Therapie, etwa bei der Behandlung “aussichtloser” Fälle von Autismus oder Alkoholismus, erschienen, in der analytischen Psychotherapie erwies sich “Delysid”, so der Markenname des Medikaments, als geeignetes Werkzeug zur Freisetzung verdrängter oder blockierter seelischer Inhalte. Enthusiasten wie der Autor Ken Kesey (“Einer flog über’s Kuckucksnest”) oder der Harvard Professor Timothy Leary (“Tune in, turn on, drop out”), die den LSD-Gebrauch ab Anfang der 60er Jahre als Mittel seelischer Entspannung und Selbsterkenntnis propagierten, sorgten mit dieser Popularisierung dann für das Totalverbot der Substanz, die 1967 erfolgte. In seinem Buch “LSD – mein Sorgenkind” hat Albert Hofmann den Weg seiner Entdeckung von der Wunderdroge zur illegalen Droge beschrieben, deren weitere Erforschung über Jahrzehnte nur noch im Untergrund möglich war. Dass nach vier Jahrzehtnen jetzt in der Schweiz wieder eine Genehmigung für die LSD-Therapie von Schwerkranken und Sterbenden erteilt wurde, bezeichnete er an seinem 102. Geburtstag am 11. Januar 2008 als “das größte Geschenk überhaupt.” Über alle die Jahre des Verbots hatte er stets dafür plädiert, LSD als sakrale Substanz einzustufen und seine Verwendung im geeigneten Rahmen wieder zuzulassen.

Wie alle großen Naturforscher war auch Albert Hofmann bei seiner immer tieferen Erforschung der Bausteine der Natur auf immer größere Geheimnisse gestoßen und über die messende, rechnende Erkundung der Materie an jene Grenze gelangt, an der das Unfassbare beginnt: Geist. Keine andere Entdeckung der Wissenschaft markierte diesen Übergang von Geist und Materie so genau wie LSD. Die materielle Substanz eines Staubkorns reicht seitdem aus, um die Wahrnehmung dessen, was wir für Wirklichkeit, Materie, halten, völlig zu verändern und mit Zusammenhängen konfrontiert zu werden, die unsere Verständnisfähigkeiten überschreiten: “Wer als Naturwisswenschaftler kein Metaphysiker wird ist kein Naturwissenschaftler” – diese Aussage Albert Hofmanns war mehr als ein Bonmot und er war bis zum Schluß beides: strenger, exakter Wissenschaftler und ein metaphysischer Weiser, der in seinem philosophischen Buch “Einsichten, Ausblicke” den Begriff Evolution auf die kürzeste mögliche Formel brachte: “Licht, Leben, Liebe.”

Die Beatles, die ihm einst ein signiertes Exemplar ihrer “Sgt. Pepper”- LP zuschickten beantworteten damit die offiziell ungeklärte Frage, was mit “Lucy in the Sky with Diamonds” gemeint sei, doch Albert Hofmann hat sich damit stets ebensowenig gebrüstet wie mit den zahlreichen Dankesschreiben, die er von anderen berühmten Künstlern und Kreativen erhielt. Als er bei seinem letzten Vortrag in den USA Mitte der 90er Jahre wie ein Popstar mit tosendem Jubel empfangen wurde brach er diese Ovationen sogleich ab: “Danke, meine Damen und Herren, ich bin doch nur ein kleiner Schweizer Chemiker…” Das war keine gespielte Bescheidenheit, denn er hat immer wieder betont, dass sein Zutun bei seiner großen Entdeckung gering war: “Das LSD ist zu mir gekommen.” Wenn dem so ist, dann hätte sich dieses mächtige Werkzeug zur Erkundung des Weltraums der Seele keinen besseren Pionier auswählen können als einen so durch und durch bodenständigen und soliden Wissenschaftler, der nicht nur über ein höchst kompetentes Hirn, sondern auch über ein riesiges Herz und großen Humor verfügte. Seine feste Überzeugung war, dass im ganzen Universum nichts verloren geht: “Es gibt kein Ende, es gibt nur ständige Wandlung, Transformation.” Vier Monate nachdem seine Frau Anita nach fast 75 Ehejahren im Dezember friedlich eingeschlafen ist, setzt Albert Hofmann diese Symbiose jetzt in gewandelter Form fort. Als ich ihn vor einigen Jahren bei einem Gang durch seinen Garten - eine große Almwiese auf der er jeden Halm, jede Blüte, jeden Schmetterling kannte – nach der Angst vor dem Tod fragte, zeigte er auf die Wiese und lächelte: “Ich bin doch ein Teil von all dem Leben hier, und werde es immer bleiben.” Auch seine Entdeckung wird für immer bleiben – und der Nachwelt der wichtigste Wunsch dieses großen Wissenschaftlers: “Durch einen Bewußtseinswandel im einzelnen Menschen die Voraussetzungen schaffen für eine bessere Welt.”


 

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